Von den Bermudas nach Brest

Anheuern der Überführungs-Crew

Diese Tour haben wir nun in fremde Hände gegeben. Harald Christian Detlef Joachim Köhler, der Skipper, und Gerd Udo Angersbach als Co-Skipper. Der Dritte sollte Thomas Kargetta sein. Über Ilonas Arbeitskollegen ist dieser Kontakt nach Lünen/Bergkamen zustande gekommen. Zu einem absolut fairen Preis wollen die Drei unser Boot gleich bis in die Nordsee fahren. Das Vorgespräch findet mit Harald und Gerd einerseits und Udo, Ilona, Volker und mir in Udo und Ilonas Haus am Donnerstagabend, dem 2. Juni, statt. Für die örtlichen Gegebenheiten auf Bermuda und für unser Schiff habe ich eine Mappe mit Unterlagen vorbereitet. Es stellt sich heraus, dass Harald sich mit Bavaria-Booten bestens auskennt. Er hat im Charter für Bavaria-Boote den Service betrieben. Es wird lange geredet und alle speziellen Dinge erörtert und geklärt. Die Flüge sind für den 14. Juni gebucht. Ein paar Tage vor der Abreise hat Thomas Kargetta einen Unfall und fällt damit für die Fahrt aus. Harald bemüht sich um eine dritte Person. Kann aber so kurzfristig niemanden finden. Zunächst sieht es so aus, als wollen sie zu zweit fahren, bis Harald mir dann am Wochenende vor dem Abflug sagt, dass sie auf keinen Fall ohne einen Dritten lossegeln würden. Der Plan B sieht nun vor, zunächst auf die Bermudas zu fliegen und dort eine dritte fremde Person anzuheuern. Wenn sie niemanden finden, würden sie wieder zurückkommen. Ich hatte Manfred Hase aus dem Tennisclub schon angesprochen. Grundsätzlich hätte er Interesse an einer solchen Reise. Er hatte seinem Tennisteam nur versprochen am Mittwoch noch das Mannschaftsspiel zu bestreiten. Jetzt frage ich ihn, ob er danach dieses Abenteuer antreten würde. Ich gebe ihm die Telefonnummer von Harald und bitte ihn, sich einmal mit dem Skipper zu unterhalten. Danach geht es recht schnell. Am Montag bucht Manfred noch den Flug für Freitag. So können Harald und Gerd schon die Vorbereitungen treffen und Manfred kommt nach. Wenn das Wetter passt, könnte man am Samstag, den 18. Juni starten.

Der geplante Start

Am Samstag, den 18. Juni, wäre alles startklar gewesen, wenn das Wetter mitgespielt hätte. Das beobachtete Sturmtief hatte sich leider nicht zu unseren Gunsten geändert. Es zieht genau auf die Bermudas zu und wird nach unserer Vorhersage am Sonntag 00 Uhr UTC direkt über den Bermudas liegen. Die Zugbahn des Tiefs konnte nicht genau vorausgesagt werden. Die stärksten Entwicklungen werden sich zwar auf der Rückseite bei rund 32°30’N 67°W abspielen, hier sind Wellenhöhen bis 5m und Böen bis 12 Bft zu erwarten. Im Vergleich mögen die Gewitter mit Böen 7-8 Bft entlang unserer Route in Richtung Azoren zunächst etwas harmloser wirken. Die Wellenhöhe liegt hier bei rund 2-3 m. Da die Zugbahn aber eben noch so unsicher ist und die stärkste Entwicklung sich demnach auch schnell noch verschieben kann, ist ein Start heute definitiv nicht empfehlenswert. Selbst wenn  noch eine günstige Lücke im Windfeld erwischt wird, sind hier immer noch kräftige Schauer- und Gewitterentwicklungen bis Montag 00 Uhr UTC mit stürmischen Böen zu erwarten und das Tief zieht dann auch nur knapp nördlich unserer Route vorbei, sodass ein Restrisiko besteht, dass auch in dem Bereich der Route am Sonntag Wellenhöhen um 4m und Sturmböen ( ~10 Bft) auftreten.
Ein sicherer Start zeichnet sich nach aktuellem Stand ab Dienstag 00 Uhr UTC ab.

Der Start

Am Montag, den 20. Juni, war das Tief durchgezogen und auf der Rückseite schwächte sich der Wind ab. Allerdings waren immer noch kräftige Schauer und Gewitter zu erwarten. Um 9:50 Uhr Ortszeit (13:50 UTC), bei 4 Bft. aus S-SSW, ging es dann mit etwa 5 kn Richtung Osten. Nach 4 Stunden konnte zum letzten Mal die AIS-Position übertragen werden (32° 25´13N 64° 22´28W). Jetzt geht es darum, dem S-SSW Wind am unteren Rande des Tiefs so lange wie möglich zu folgen und dabei Richtung Nordosten zu fahren um den SW bis W-Wind auf der Nordseite des Hochs zu nutzen. Direkt im Osten würde das Azorenhoch (Südflanke des Hochs) mit Flaute oder sogar leichtem Ostwind ein Vorankommen ungleich schwerer machen. Zunächst sollte der Wegpunkt 37°N 52°W angefahren werden. Den späteren Berichten zufolge, war der Start zu diesem frühen Zeitpunkt ein Fehler. Der Wind wurde immer schwächer und die Wellen hatten noch die Höhe der durchgezogenen Sturmfront. Zum Eingewöhnen war dies eine denkbar ungünstige Konstellation. Entsprechend schlecht ging es der Besatzung. Für windschwache Tage waren zusätzlich zu den 210 l Diesel im Tank nochmals 4x20l Diesel in Kanistern gebunkert.

Bis heute gibt es keine weiteren Positionsmeldungen von der Bahati. Theoretisch müsste sie am 23.6.16 um 12 UTC etwa bei Position 34° 30N 59° 20W sein. Eigentlich war verabredet, dass täglich eine SMS per Satellitentelefon mit der entsprechenden Position gesendet wird. Es sind leider nur ganz wenige Meldungen auch wirklich angekommen. Das erfolgreiche Senden ist von vielen Kleinigkeiten abhängig. Wird dies nicht eingehalten, kommt die SMS (als E-Mail) nicht an.

Der Routenvorschlag von Wetterwelt vom 21.6.2016 sah wie folgt aus. Diesen sendete ich per SMS via Internet auf das Satellitentelefon:

Das eigentliche Tief liegt heute schon weit im Norden der Bermudas bei 45N, die Kaltfront erstreckt sich heute Abend aber immer noch von 40N 55W – 30N 65W. Die aktuell stärksten Schauer liegen im Norden von Ihnen, eine weitere kräftige Gewitterzelle entwickelt sich gerade knapp S-lich der Bermudas und zieht NNE-wärts, sollte Sie aber hoffentlich nicht mehr erwischen.
Ansonsten bleibt es in etwa bei dem Routenvorschlag von gestern:

Bermudas → WP(1) 37N 52W → WP(2) 41N 46W → vorläufiger WP(3) 41N 36W → Azoren

Die Wetterlage mit dem Azorenhoch im Osten sieht bisher sehr stabil aus. Das Hoch sorgt dafür dass die Tiefausläufer alle weiter im Norden bleiben, so dass Sie bis zum Wochenende ohne größere Störungen im konstanten S-SW-Wind bis WP(1) fahren können.
WP(2) habe ich noch etwas vorgezogen, statt 44W jetzt 46W.  Auf dem Weg zu WP(2) wird der Wind wahrscheinlich im direkten Einflussbereich des Hoch langsam etwas schwächer und pendelt dabei zwischen SSE und SSW…
Ab dem Wochenende lohnt es sich dann die genaue Lage des Hochs noch einmal zu prüfen… es könnte sein, dass Sie sogar noch etwas weiter nach Norden bis 42N hoch gehen müssen, um nicht in das Schwachwindfeld nahe des Hoch-Zentrums zu fahren, sondern im SW-W-Wind zu bleiben…

Am 25.6. erreiche mich eine Positionsmeldung der Bahati:

36 21n  52 48w

Darauf erhielt ich eine neue Ausarbeitung der Route von Wetterwelt:

26.6.2016: Wetterlage:

Die Großwetterlage auf dem Nordatlantik wird zurzeit dominiert von einem sehr ausgedehnten Azorenhoch. Es liegt derzeit mit seinem Zentrum 1037 hPa bei 43N 32W … also etwas nach N verschoben … und mit einem Rücken nach SW gerichtet … 1030 bei 38N 50W. Das NE-lich gelegene Zentrum des Hochs baut sich bis morgen etwas ab und das Hochdruckzentrum sammelt sich dann in den nächsten Tagen bei 1034 40N 35W-40W. Es wird dann über einen großen Bereich sehr wenig Druckgegensätze geben (der Bereich mit >1030 hPa erstreckt sich am Mittwoch über 33N 47N – 22S – 52W. Zum nächsten Wochenende dann wird sich das Hochzentrum mit 1035 dicht NW-lich der Azoren aufhalten; dann ist an der W-Flanke (entlang etwas 40N) mit etwas signifikanterem SW-Gradienten zu rechnen.

 Routenvorschlag:

der Routenvoschlag bleibt grundsätzlich bei derselben Strategie wir zuvor:

→ vorläufiger WP(2) 41N 46W → vorläufiger WP(3) 41N 36W → Azoren

 damit erhöhen wir die Chancen, mit dem N-Bogen immer in genügend Wind zu verbleiben, um auf BB-Bug segeln zu können. Falls es die Situation zulässt können Sie etwas höher an den Wind gehen, damit sie ein bisschen östlicher auf 41N gelangen und etwas Wegstrecke einkürzen. Die Strecke über WP(3) könnte vielleicht auch etwas eingekürzt werden: nämlich wenn Sie hin zum WP(3) guten und konstanten Druck aus SSE -> SW verspüren, dann wäre auch schon ab LON 40W ein direkter Routenansatz hin zu den Azoren möglich. Dazwischen sollte aber LAT 41N anvisiert werden, weil sonst zu wenig Druck im Windfeld herrscht.

Streckenwetter entlang obiger Route mit SOG 5 – 6 kn:

LEGENDE: Zeit(UT) Windrichtung Windmittel in Bft. / Böen in Bft. / Wellenhöhe in m / Wellenrichtung / Wellenperiode in s / Luftdruck in hPa / signifikantes Wetter / Luft Temperatur in °C

Sonntag 26-06-16
06 SE 3 / 4 / 1,5 / WSW / 8 / 1027 / leicht bewölkt, trocken / 23
12 SE 3-4 / 4 / 1,5 / WSW / 7 / 1029 / leicht bewölkt, trocken / 23
18 SE 3-4 / 4-5 / 1,2 / SSW / 7 / 1029 / leicht bewölkt, trocken / 23

Montag 27-06-16
00 ESE 3-4 / 4-5 / 1,2 / S / 6 / 1030 / fast wolkenlos, trocken / 23
06 ESE 3-4 / 4-5 / 1,2 / SE / 6 / 1030 / leicht bewölkt, trocken / 23
12 ESE 3-4 / 4 / 1 / SE / 6 / 1031 / leicht bewölkt, trocken / 22
18 SE 3 / 4 / 1 / SE / 6 / 1031 / leicht bewölkt, trocken / 23

Dienstag 28-06-16
00 SE 3 / 4 / 1 / SE / 6 / 1032 / wolkig, trocken / 22
06 SE 3 / 4 / 1 / SE / 6 / 1031 / leicht bewölkt, trocken / 22
12 ESE 3 / 4 / 1 / SE / 6 / 1032 / leicht bewölkt, trocken / 22
18 SE 3 / 3-4 / 1 / SE / 6 / 1032 / fast wolkenlos, trocken / 22

Mittwoch 29-06-16
00 SE 2-3 / 3-4 / 1 / SE / 7 / 1032 / fast wolkenlos, trocken / 21
06 SE 2-3 / 3-4 / 1 / SE / 7 / 1031 / wolkig, trocken / 21
12 SE 3 / 4 / 1 / SE / 6 / 1033 / leicht bewölkt, trocken / 21  (nahe WP(2)
18 SE 3-4 / 4 / 1 / SE / 6 / 1032 / wolkig, trocken / 21

Donnerstag 30-06-16
00 SE 2-3 / 3-4 / 0,8 / SE / 6 / 1033 / fast wolkenlos, trocken / 21
06 SE 2 / 3 / 0,8 / SE / 6 / 1032 / fast wolkenlos, trocken / 20
12 SSE 3 / 3-4 / 0,8 / ESE / 7 / 1033 / leicht bewölkt, trocken / 20
18 S 2-3 / 4 / 0,8 / SE / 6 / 1033 / wolkig, trocken / 21

Freitag 01-07-16
00 SSE 3 / 3-4 / 0,8 / SE / 6 / 1034 / leicht bewölkt, trocken / 21
06 S 3 / 4 / 0,8 / SE / 6 / 1032 / leicht bewölkt, trocken / 20
12 S 3-4 / 4 / 0,8 / ESE / 6 / 1033 / leicht bewölkt, trocken / 21
18 SSW 3-4 / 4 / 0,8 / SE / 6 / 1033 / fast wolkenlos, trocken / 21

Samstag 02-07-16
00 S 3 / 3-4 / 0,8 / SE / 7 / 1033 / wolkenlos, trocken / 20
06 SSW 4 / 4-5 / 0,8 / SE / 6 / 1031 / fast wolkenlos, trocken / 20 (nahe Pos. 41N 39W)
12 SSW 3-4 / 4 / 1 / SSE / 6 / 1032 / leicht bewölkt, trocken / 21
18 SW 4 / 5 / 0,9 / E / 6 / 1030 / leicht bewölkt, trocken / 21

Sonntag 03-07-16
00 SW 3-4 / 4-5 / 0,8 / S / 7 / 1031 / fast wolkenlos, trocken / 21
06 SW 4 / 5 / 0,8 / SW / 7 / 1029 / – / –
12 WSW 4 / 5 / 0,9 / WSW / 7 / 1030 / – / –

Auch diese Infos gab ich weiter an das Satellitentelefon auf der Bahati. Die nächsten Meldungen erreichten mich wie folgt erst wieder viel später:

Bahati 5.7.2016: pos 44 36N 029 59W

Bahati 6.7.2016: pos 44 43N 29 00W  80grad 4bis5 kn vorwind

Bahati 8.7.2016: verg. nacht bis 8bft  war nicht angenehm / pos 45 50N 23 17W

Zu der vorstehenden Info passen die Grib-Daten des Wetterwelt-Dienstes. In der Nacht vom 7. auf den 8. Juli um 0 UTC, deutlich vor der gemeldeten Position am 8. Juli um 15 UTC: Wind um 45 kn aus SW und Wellenhöhen von 5 bis sogar 7m.

Bahati 11.7.2016: pos 47 23N 13 04W  DO vorauss. Brest

15.7.16, Infos aus Brest

Liegeplätze dort nicht verfügbar. Es läuft sowas wie „Kieler Woche“. Liegen jetzt im Päckchen in der Moulin Blanc. Am Dienstag gibt es wohl einen festen Platz. So lange bleiben Gerd und Manfred noch dort. Harald kommt mit den defekten Autopiloten zurück. Er will sehen, ob er ihn reparieren kann. Der Windpilot würde gar nicht funktionieren. (?)

Unsere Bahati war nach 2.870 Nm und ca. 580 h, das entspricht einem Schnitt von etwa 5 Knoten,  wieder in Europa und die Besatzung ist wohl auf. Was alles unterwegs passiert ist, erfuhren wir erst nach und nach. Bis jetzt war bekannt, dass der elektrische Autopilot wieder einmal defekt ist. Da die Crew nicht mit dem Windpiloten zurechtkam, hat sie den elektrischen Piloten eingesetzt. Dafür hat er lange gehalten. Das Getriebe hat unterwegs viel Öl verloren. Aus diesem Grund sind sie die letzten Meilen vorsichtshalber auch bei wenig Wind hauptsächlich gesegelt. Und die Rollgenua war zerrissen. Sie hatte sich unterwegs zwischen Vorstag und Kutterstag verfangen. Dass dieses Kutterstag hätte weggenommen werden müssen, hatte Harald bei der Übergabe wohl überhört. Und die angefertigte Mappe hatte sich niemand mehr angesehen. Später erfuhren wir noch, dass sie unterwegs beinahe das Ruder verloren haben. In der Werft auf den BVI wurde das Ruder kontrolliert und falsch wieder zusammengebaut. Die obere Mutter auf der Ruderachse hält normalerweise das ganze Ruder. Diese Mutter war falsch herum aufgeschraubt und konnte sich dadurch im Laufe der Zeit lösen. Glücklicherweise ist die lose Mutter nicht in den Atlantik gefallen sondern lag neben dem Ruderlager an Deck. Bei weinig Wind und Seegang konnte Harald dann im Schiffsinneren die Ruderachse packen und wieder nach oben schieben. Oben an Deck schraubte Manfred die Mutter wieder auf die durchgesteckte Ruderachse und sicherte dies mit der Sicherungsschraube, die bei der richtigen Verwendung der Mutter auch wirklich sichert. Wer schon einmal ein Ruder ausgebaut hat, weiß, dass das Ruder eine hohes Gewicht hat und es schon während der Fahrt viel Glück und Kraft braucht, um es wieder in das obere Lager einzufädeln.

Harald musste jetzt schnell zurück nach Deutschland. Er war schon einige Tage überfällig. Manfred und Gerd boten an weiter zu fahren, allerdings nur mit einem funktionierenden Autopiloten. Das war nicht zu machen. Der Autopilot konnte nicht in so kurzer Zeit wieder instand gesetzt werden. Direkt an der Kupplung waren die elektrischen Anschlüsse abgerissen. Die Mechanik des Autopiloten hatte seit der letzten Reparatur gehalten. Es musste eine neue Kupplung bestellt werden. Die Lieferzeit betrug mal wieder ca. 2-3 Wochen. Und das ist schon fast eine (positive) Sensation. Also brachten Manfred und Gerd das Schiff in eine eigene Box und kamen danach auch zurück nach Deutschland. Die letzte Etappe von Brest nach Heiligenhafen wollten wir selbst durchführen. Die Planung und Vorbereitung dazu konnte beginnen.

Motorreparatur Bermuda

st_georgesUnsere beiden ersten Landtage, Montag der 16. und Dienstag der 17.5.2016 standen bei wunderschönem Wetter ganz im Zeichen der Motorreparatur. Wir haben alle fantastisch geschlafen. Der Zoll hatte nur angekündigt, dass wir an unserem Liegeplatz nicht bleiben liegeplatz_st_georgeskönnen und am heutigen Morgen das Pilot-Boot uns in einen Ankerbereich schleppen würde. Das Pilot-Boot hörte ich am Morgen gegen 0800. Aber als ich einigermaßen bei klaren Kopf war, war es auch schon wieder weg. Besser wäre es, wenn wir hier bleiben können. Zunächst kreisten meine Gedanken um einen Service für unseren defekten Motor. Ich stand auf und machte einen kleinen Erkundungsspaziergang. Werften oder irgendein anderer Service waren hier in und um St. motorreparaturGeorges nicht zu finden, zumindest nicht in der Nähe. An der Tankstelle fragte ich nach einem Maschinen-Service und bekam eine Telefonnummer. Eine weitere Servicenummer fand ich in unserem Handbuch. Bis 10 Uhr wurden meine Anrufe nicht entgegengenommen. Von beiden Werften erhieltneues_gipsy ich dann schließlich je eine Rufnummer eines Mechanikers. Dem einen, Glen, sprach ich auf die Mailbox und hinterließ meine Rufnummer. Er meldete sich nicht zurück. Beim Zweiten, Hank (Tel.: 441 337 0406), hatte ich mehr Glück. Er sei zwar im Moment sehr beschäftigt, aber zum Spätnachmittag würde er vorbei kommen. Er erschien mit seinem Mitarbeiter bereits vor dem Mittag. Zwischenzeitlich konnten wir erreichen, dass wir an diesem Liegeplatz bleiben durften. Der Platz gehörte zum Bermuda Yacht Service und kostete am Ende stolze 40 US$ (Bermuda$ = US$) pro Nacht ohne Strom- und Wasser. Dies ist einfach dort nicht vorhanden. Hinter uns und vor der Brücke zum Ordnance Island lagen dicht gedrängt ca. 8 Yachten der ARC Europe. smokes_marinaDarunter auch drei deutsche Boote. Die Abfahrt der ARC war für diesem Montag vorgesehen. Also hatten wir die Aussicht auf eine längere Verweildauer an dieser Pier. Hank´s Mitarbeiter, ein fähiger Mann von Sri Lanka, machte sich an die Arbeit und checkte unseren Motor. Die smokes_marina1Zuleitungen, den Vorfilter und den Dieselfilter und entlüftete den Motor anschließend. Keine Verbesserung. Dann vermutete er einen elektrischen Fehler. Als er den ausgeschlossen hatte, war er kurz der Meinung, dass Wasser aus dem Auspuff in den Motor zurück läuft. Auch das bestätigte sich nicht. Wie er dann schließlich auf das Getriebe des Sail-Drives gekommen ist, erschließt sich mir nicht ganz. Es war vielleicht die Verzweiflung nichts zu finden. Das Getriebe war völlig trocken gelaufen. Wo dinghy_clubund wann hätten wir das Öl in solchen Mengen verlieren können? Das kann man gar nicht verlieren. Alleine der Wasserdruck würde das verhindern. Bei einer Undichtigkeit gelangt höchstens Wasser ins Getriebe und vermischt sich mit dem Öl. Nach unserer Überzeugung kann es nur einen Grund dafür geben. Bei der Wartung auf den BVI´s in Soper´s Hole hat man beim Ölwechsel vergessen neues Öl aufzufüllen. Da wir in all den Jahren nie ein Problem damit hatten, haben wir den Ölstand des Sail-Drive wohl auch nicht mehr geprüft. Eine große Nachlässigkeit des Skippers. Wenn wir mit diesen Überlegungen richtig liegen, dann sind wir etliche Stunden ohne Öl gefahren. Die große Frage war nun: Hat das Getriebe das überlebt? Wir gingen zur Tankstelle und kauften API-Öl für´s Getriebe gemäß der Angabe im Handbuch.  Und zwar benötigten wir 3,35l. Als das Getriebeöl wieder aufgefüllt war starteten wir den Motor erneut. Er sprang sofort an und lief wie gewohnt. Und das Getriebe? An unserem Liegeplatz probierten wir den Vorwärts- und Rückwärtsgang. Alles lief wie gewohnt. Anscheinend noch einmal Glück gehabt! Im Getriebeöl fanden sich aber jetzt einige feine Metallspäne. Deshalb

entschlossen wir uns, das Getriebeöl noch einmal zu tauschen. Zufälligerweise trafen wir zwei Deutsche an unserem Boot. Sie waren auf dem Rückweg einer 6-jährigen Weltreise, auch auf einer Bavaria, nach Deutschland unterwegs. Wir sollten auf keinen Fall das API-Öl verwenden. Es hätte von Bavaria eine Rückrufaktion stattgefunden. Dieses Öl wäre zu aggressiv und würde irgendwann dazu führen, dass die Gänge nicht mehr eingelegt werden können. Ihnen sei dies mit dem Rückwärtsgang passiert. Statt API sollten wir

normales Motoröl verwenden. Unsere Mechaniker hatten davon noch nichts gehört. Im Internet kontrollierten wir die Angaben von Volvo Penta. Tatsächlich ist für unser Saildrive das normale Motorenöl empfohlen. Also kauften wir jetzt noch einmal reichlich Motorenöl für einen Ölwechsel im Saildrive-Getriebe und auch noch für den Motor. Der Ölfilter wurde sicherheitshalber noch getauscht. Außerdem beauftragten wir Hank mit einer Überprüfung unseres Diesels im Tank. Durch die starke Verschmutzung des Vorfilters hatten wir die Sorge, dass wir in der Karibik „schlechten“ Diesel getankt hatten.  Es stellte sich aber

heraus, dass der Tank weder verschlammt war, noch dass im Diesel zu viel Wasser ist. Die ganze Aktion zog sich über zwei Tage mit abschließender Kontrolle unseres Ruders. Die beiden, vom Wetter her, schönsten Tage hatten wir nun mit der Reparatur verbracht. Parallel zur Motorenreparatur und Wartung konnten wir das Gipsy an der Ankerwisch austauschen und die Gummilippe am Heck festkleben. Noch immer war nicht geklärt, wo wir das Boot für einen längeren Zeitraum lassen können. Auch schien es recht schwierig

einen Rücktransfer für Bahati zu organisieren. Dazu kamen einige Treffen mit Weltumsegler und Blauwasserfahrer, die alle ganz locker die Rückreise über den Atlantik antreten. Das führte dazu, dass wir unsere Meinung änderten und jetzt doch selber den Rückweg zu den Azoren fahren wollten. Volker rief Udo an und wollte ihm dies mitteilen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Udo bereits alle Flüge storniert hatte. Wieder eine neue Situation. Nur zu Dritt die Reise antreten, das wollte Volker auf keinen Fall. Also mussten wir jetzt alles für Plan B organisieren. Das kleinste Problem waren unsere Rückflüge von den Bermudas. Für Sonntag waren schnell drei Flüge über Boston, Amsterdam nach Düsseldorf gebucht. Wir schauten uns um St. Georges nach einer Marina um. Die kleine Captain Smokes´ Marina am westlichen Ortsausgang könnte unserer Meinung nach ggf. in Betracht kommen. Ganze 4 Yachten lagen dort und die Gesamtkapazität beträgt schätzungsweise 6 Yachten. Wir fragten dort einen netten, etwa 70 jährigen Mann, wie sich herausstellte der Bruder des Besitzers, nach einem vom Zoll akzeptierten und beaufsichtigten Liegeplatz. Das würden sie nicht anbieten. Nur Sandra oder der St. George´s Dinghy and Sports Club am östlichen Ende von St. Georges würde machen. Das Wetter war toll und so machten wir einen längeren Spaziergang. Den St. George´s Dinghy Club hatten wir bereits bei der Einfahrt passiert. Er ist uns aufgefallen, weil dort anscheinend eine Party stattfand. Wie sich herausstellte, dient dieser Club als st_cathrineBasisquartier der ARC. Die Räume dort werden für die verschiedenen Seminare genutzt. Als wir dort ankamen trafen wir niemanden an. Da wir nun schon einmal unterwegs waren, gingen wir weiter zur Einfahrt des St. Georges Harbour. Was wir von der Seeseite in der Dämmerung nicht gesehen hatten, war das kleine Fort mit Kanonen, Gates Fort Park und daneben Alexandra´s Battery Park. Alles toll hergerichtet mit einer grandiosen Aussicht auf den Atlantik. Zurück in der Stadt schlugen wir den Weg zur Nordseite ein. Hier soll sich noch ein weiteres Fort, das Fort St. Catherine mit Museum befinden. Auf dem relativ kurzen Weg dorthin faszinierte uns der kleine Stand Tobacco Bay. Das Bier, eine Dose, kostete 6 US$, 3 davon wahrscheinlich für die tolle Aussicht. Wir tranken trotzdem was und genossen dieses Idyll. Leider etwas zu spät für eine Besichtigung trafen wir am Fort Catherine ein. Nebenan ein Restaurant mit herrlichem Blick auf den Sonnenuntergang. Wir zogen es an diesem Tag allerdings vor wieder zurück zum Schiff zu gehen und im White Horse am Abend etwas zu essen.

Ankunft Bermuda

Die Quittung bekommen wir diesen Sonntagmorgen, dem 15. Mai 2016: Tages-Etmal 109

WellenbergNm. Negativrekord. Jetzt ist aber der Wind wieder da und wir machen bei 12-22 kn Wind ganz gute Fahrt. Außerdem können wir jetzt wieder auf Vor-Wind-Kurs gehen und mit ausgebaumter Genua fahren. Der angekündigte Starkwind bleibt allerdings aus. Ilona hatte uns, und das haben wir bereits vermutet, die maximalen Windgeschwindigkeiten in Böen mitgeteilt, nicht den durchschnittlich zu erwartenden Wind. Für den Abend oder spätestens den nächsten Tag ist dann Nordwind angesagt. Diese Voraussage hatte mich schon die ganze Zeit beschäftigt. Nicht nur, dass ich aus persönlichem Empfinden möglichst schnell auf Bermuda ankommen wollte, sondern auch noch diese Vorhersage mit „Gegenwind“reff_genua machte mich in Bezug auf unsere Geschwindigkeit immer wieder nervös. Also wollten und mussten wir unbedingt heute auf Bermuda ankommen. Dazu brauchten wir jetzt den frischen Wind. Der Motor funktionierte einfach nicht mehr. Wir tauschten noch den wirklich richtig verdreckten Benzinvorfilter und überprüften die Dieselzuleitungen. Es war einfach nichts zu machen. Nach einigen Startversuchen ging  der Motor jetzt überhaupt nicht mehr an. Wir haben ja gottseidank ein Segelboot und sind nur bedingt auf den Motor angewiesen. In unseren frischer_windUnterlagen stand geschrieben, dass man bei Motorproblemen über Bermuda Radio eine Schlepphilfe anfordern und bekommen kann. Um 1600 waren es dann noch 30 Nm bis Bermuda. Wir machten mehr als 6 kn und hofften spätestens gegen 2100 Uhr Bermuda zu erreichen. Wenn wir Glück haben, dann noch in der Dämmerung. Von einer Einfahrt in der Nacht wird ja fast immer abgeraten. Hier hieß es aber, dass die Tonnen alle beleuchtet sind und die Ansteuerung in der Nacht kein Problem ist. Für uns kommt dazu, dass wir durch den Kartenplotter auch in der Nacht unsere Position bestens kennen. Es war jetzt Zeit sich über Funk bei Bermuda Radio zu melden. Wir hatten bereits einige Funksprüche auffangen können. Auf Kanal 16 rief ich motorprobleme„Bermuda Radio, Bermuda Radio this is Bahati, Bahati“. Diesen Anruf tätigte ich bis zu unserer Ankunft unzählige Male. Aber zunächst meldete sich Bermuda Radio und bat uns auf Kanal 27 umzustellen. Dort wurde ich nach den üblichen Daten für eine Einreise, wie Passnummern, Schiffsregistrierung, und ähnlicher Dinge gefragt und darüber hinaus zu unserem Inventar und nach Einzelheiten, wie z.B. der Seriennummer der EPIRB, der Anzahl und Art der Notsignale und der Größe und Bezeichnung der Rettungsinsel. Einige Dinge musste ich erst in unseren Unterlagen nachschlagen und Bermuda Radio wieder zurück rufen. Als diese Dinge dann endlich geklärt waren, fragte  ich nach einer Schlepphilfe. Das war nun nicht so wie in den Unterlagen beschrieben eine übliche und einfache Frage. Die Antwort war zunächst, dass dies bezahlt werden muss. Oder ob wir es uns zutrauen, unter Segel in der St. George Harbour, eine Art Lagune, zu fahren. Zutrauen ja, aber unter Sicherheitsaspekten wäre eine Schlepphilfe zu bevorzugen. Nach einiger Zeit kam die Antwort. Schlepphilfe kostet 400,- US$. Wir tag7_bermudakönnten aber auch vor Bermuda beidrehen und bis zum nächsten Tag warten. Dann käme eine Fähre und das Pilot-Schiff könnte uns schleppen. Eine weitere Nacht beigedreht auf dem offenen Meer. Ich kann mir schöneres vorstellen. Wir entschieden uns gemeinsam für die Schlepphilfe. Als ich dies per Funk übermittelte, fragte mich der Beamte, ob ich ihn richtig verstanden hätte. Das Schleppen kostet 400,- US$ pro Stunde und man benötigt mindestens 2 Stunden. Er hätte allerdings noch eine Idee. Ein weiteres Segelschiff mit 54 Fuss kommt gegen 1200 Uhr an und die würden uns auch schleppen. So entschieden wir auf die teure Schlepphilfe zu verzichten und wollten zunächst unser Glück unter Segel probieren. Um 2000 Uhr waren wir dann bereits vor der Ansteuerung Bermuda und fuhren unter Segel im betonnten Fahrwasser zwischen dem Riff auf die Einfahrt zu. Hier kam der Wind nun aus West, vorher immer Südwest, und es war unmöglich in die schmale Einfahrt hinein zu kommen. Mit einem halben Knoten Fahrt waren wir kaum noch manövrierfähig. Wir schafften es zu drehen und zurück Richtung offene See zu fahren. Bermuda Radio meldete sich noch einmal und teilte uns mit, dass soeben ein weiteres Segelschiff in die bermuda_in_sichtEinfahrt hinein fährt. Er hätte nur kein Funkkontakt zu diesem Schiff. Jetzt war es bereits dunkel und wir holten unseren Scheinwerfer für Lichtsignale an Deck. Tatsächlich schafften wir es, die Aufmerksamkeit des Skippers auf uns zu lenken und ihm unser Anliegen mitzuteilen. Er war bereit uns Schlepphilfe zu geben und wir machten unsere viel zu lange 40m Leine zum Schleppen bereit. Nach vier Versuchen hatten wir endlich eine Verbindung zum schleppenden Schiff hergestellt. Ein netter Franzose der alleine 14 Tage von Kuba aus unterwegs zu den Bermudas war. Völlig übermüdet und, wie wir später erst feststellten, mit gebrochenem Baum. Radio Bermuda erkundigte sich bei uns nach dem Stand. Ich teilte ihnen mit, dass wir jetzt von diesem Segelschiff geschleppt würden. Wir sollten uns gleich zum Ordnance Island und dem dortigen Custom Office schleppen lassen. Aber vor allem, sollten wir unserem schleppenden Skipper mitteilen, dass er sich zu melden hätte. Der wiederum hatte dazu keine Motivation. Er musste alleine steuern und kannte die Gegebenheiten hier auch nicht. Mit mehreren Funkgesprächen forderte mich der Beamte schließlich auf, diesem Skipper unmissverständlich zu sagen, dass er diese Funkanmeldung anordnet (Advise him…). Ich weiß nicht, ob er letztendlich dieser Anweisung gefolgt ist. Er hat uns netterweise zum Anlegesteg vor Customs und Immigration gebracht und hat dann auch selbst noch (und ohne Probleme) einklariert. Um 2230 Uhr waren wir einklarieren. Auf Grund der vorab per Funk übermittelten Daten wurden die Formulare fast komplett von den dortigen Beamten ausgefüllt. Das und auch die Freundlichkeit dort waren sehr angenehm. Der Franzose hat unser Schiff anschließend zur gegenüberliegenden Seite gebracht. Dort durften wir liegen bleiben. Am liebsten hätten die Zollbeamten uns in ein Ankerfeld verbannt. Dort wäre es ungleich schwieriger geworden einen Monteur für den Motor zu bekommen. Die Anlegestelle vor dem Zoll musste frei bleiben, da die ganze Nacht hindurch Segelschiffe eintrafen und per Funk sofort dort zum Einklarieren geleitet wurden. Nach 6 Tagen und 11 Stunden hatten wir die 860 Nm mit 48,6 Motorstunden hinter uns gebracht. Wir waren zunächst einmal froh in einem sicheren Hafen zu liegen. Ohne einen funktionsfähigen Motor kommt man sich aber dennoch recht hilflos vor. Auch die Einfahrt in den St. Georges Harbour wäre unter Segel, selbst bei idealem Wind, nicht einfach geworden. Die Orientierung in der Nacht ist nicht so einfach. Und ohne Motor sollte man sich nicht zu häufig verfahren. Einfacher ist es, wenn die Gegebenheiten bekannt sind. Aber wir hatten unser Problem ideal gelöst und konnten jetzt endlich schlafen.