Sightseeing Bermuda

motorrollerHeute, Mittwoch, der 18.5.2016, ist der erste Tag, an dem wir unsere Zeit zur freien Verfügung haben. Bisher mussten wir wegen der Motor- und Schiffsinspektion immer zumindest in Schiffsnähe bleiben. Die Arbeiten sind jetzt erledigt und wir hatten eine Tour per Motorroller über die Insel geplant. Aber wie das Leben so spielt, das Wetter wird jetzt schlechter und es sieht nach Regen aus. Trotzdem wollen wir es wagen und mieten gleich

hier in St. Georges 3 Motorroller. Kaum auf der Straße, beginnt es leicht zu regnen. Unser Ziel ist zunächst die Hauptstadt der Bermudas, Hamilton. Sollte der Regen stärker werden, können wir den Tag dort irgendwie verbringen. Dort wird sich schon ein trockenes Plätzchen finden. Gleich nach St. Georges beginnt das Gelände des Flughafens. Entlang  irgendwelcher Ausläufer des Atlantiks, über Brücken, kleineren Ortschaften, Golfanlagen, geht es die etwa 50 km nach Hamilton. Schon kurz nach dem Flughafen hatte es aufgehört zu regnen und jetzt sah es so aus, als könnte dieser Tag noch ein schöner Tag werden. In Hamilton angekommen, fragten wir einen Passanten

nach einem geeigneten Parkplatz für unsere Motorroller. Er schickte uns in Richtung Hafen. Dort gab es jede Menge Stellplätze für Motorroller. Anscheinend ein sehr beliebtes Fortbewegungsmittel auf den Bermudas. Gleich neben unserem Stellplatz lag das niederländische Kreuzfahrschiff „Veendam“. Eine gute Marke für unsere Roller. Wir schlenderten die Hafenpromenade entlang, kamen zum „noblen“ Royal Bermuda Yacht

Aussicht Gibbs Hill Lighthouse

Aussicht Gibbs Hill Lighthouse

Club und machten dort wieder kehrt. Diesmal aber entlang der Straße und den Geschäften und Restaurants. In vielen Läden konnte man die berühmten Bermuda-Shorts kaufen. Aber natürlich gab es auch jede Menge T-Shirts, Hemden und Pullis mit entsprechendem „Bermuda“-Aufdruck. Im „Vorbeigehen“ reservierten wir einen Tisch in einem Restaurant auf dem Balkon in der ersten Etage mit Blick auf die „Veendam“. In der Zwischenzeit gingen wir etwas weiter und entdeckten noch einen großen T-Shirt-Laden in dem wir einige Erinnerungs-Shirts und Geschenke für Zuhause kauften. Das Essen im Restaurant war in Ordnung und wir planten mit unseren Touristen-Karten den Nachmittag. Von Hamilton hatten wir zunächst genug gesehen. Wir wollten natürlich noch unsere Motorroller ausnutzen. Also machten wir uns auf den Weg zum Inselende. Zur King´s Wharf, dem eigentlichen Kreuzfahrer-Hafen. Dazu mussten wir im Prinzip einmal um den Great Sound, der im Norden weit geöffnet ist, herum. Unterwegs genossen wir die tolle Küstenstraße. Bis zur Nordspitze mussten wir über vier Brücken fahren. Das Land wurde

Watford Bridge

Watford Bridge

immer schmaler und man konnte links auf den Atlantik sehen und rechts den Great Sound. Bermuda ist nicht nur eine Insel, sondern besteht aus insgesamt 360 Inseln. Darunter sehr viele kleine Inseln. Nur etwa 20 Inseln sind auch bewohnt. Die Nordspitze ist ebenfalls eine Insel (Island North), welche durch die Brücke „The Cut Bridge“ wiederum mit der Insel Island South verbunden ist, zu der man über die Grey´s Bridge von Boaz Island gelangt. Boaz Island ist wiederum durch die Watford Bridge mit Somerset Island verbunden und diese Insel wiederum durch die Somerset Bridge mit der, ich sage einmal, Hauptinsel. Wir fuhren also mit einigen Stopps über all diese Brücken und schauten uns im Royal Dock Naval Dockyard die Kreuzfahrschiffe und die alte

Befestigungsanlage an. Auf dem Rückweg nahmen wir auf der Hauptinsel die South Road entlang der Atlantikküste. Auf dem Hinweg kamen wir über die Harbour und Middle Road, der Seite zum Great Sound. Einen ersten Halt machten wir an einer imposanten Steilküstegibbs_hill an der Church Bay. Kurz danach zog uns Gibbs´Hill Lighthouse magisch an. Von hier aus hatte man einen guten Blick über Bermuda mit seinen vielen kleinen Inseln und Lagunen, in denen überall Yachten vor Anker oder an Bojen lagen. Nur ein kleines Stück weiter, bogen wir nach rechts zur Horseshoe Bay ab. Eine wirklich traumhafte Bucht mit einem tollen Sandstrand. Da der Tag schon etwas fortgeschritten war, waren nur noch wenige Menschen an diesem Ort. Als wir uns dann endlich von diesem Strand trennen konnten, fuhren wir ohne weiteren Stopp, vorbei und

durch einige richtig schöne Golfanlagen, zurück nach St. Georges. Unser Ziel war „The Beach House at Blackbeard´s“, das Restaurant neben dem Fort St. Catherine und der Achilles Bay. Das Wetter sollte in den nächsten Tagen schlechter werden und hier wollten wir noch einmal bei einem guten Essen und einem Gläschen Wein die Sonne im Atlantik untergehen sehen. Das Restaurant ist sehr zu empfehlen. Das Essen sehr gut und die Lage mit der Terrasse zum Meer exzellent. Abschließend fuhren wir mit unseren Motorrollern zu unserem Liegeplatz. Wir stellten die Motorräder dort ab, mit der Option, je nach Wetterlage, die Roller am morgigen Tag zurück zu geben oder noch einen weiteren Tag zu behalten.

Motorreparatur Bermuda

st_georgesUnsere beiden ersten Landtage, Montag der 16. und Dienstag der 17.5.2016 standen bei wunderschönem Wetter ganz im Zeichen der Motorreparatur. Wir haben alle fantastisch geschlafen. Der Zoll hatte nur angekündigt, dass wir an unserem Liegeplatz nicht bleiben liegeplatz_st_georgeskönnen und am heutigen Morgen das Pilot-Boot uns in einen Ankerbereich schleppen würde. Das Pilot-Boot hörte ich am Morgen gegen 0800. Aber als ich einigermaßen bei klaren Kopf war, war es auch schon wieder weg. Besser wäre es, wenn wir hier bleiben können. Zunächst kreisten meine Gedanken um einen Service für unseren defekten Motor. Ich stand auf und machte einen kleinen Erkundungsspaziergang. Werften oder irgendein anderer Service waren hier in und um St. motorreparaturGeorges nicht zu finden, zumindest nicht in der Nähe. An der Tankstelle fragte ich nach einem Maschinen-Service und bekam eine Telefonnummer. Eine weitere Servicenummer fand ich in unserem Handbuch. Bis 10 Uhr wurden meine Anrufe nicht entgegengenommen. Von beiden Werften erhieltneues_gipsy ich dann schließlich je eine Rufnummer eines Mechanikers. Dem einen, Glen, sprach ich auf die Mailbox und hinterließ meine Rufnummer. Er meldete sich nicht zurück. Beim Zweiten, Hank (Tel.: 441 337 0406), hatte ich mehr Glück. Er sei zwar im Moment sehr beschäftigt, aber zum Spätnachmittag würde er vorbei kommen. Er erschien mit seinem Mitarbeiter bereits vor dem Mittag. Zwischenzeitlich konnten wir erreichen, dass wir an diesem Liegeplatz bleiben durften. Der Platz gehörte zum Bermuda Yacht Service und kostete am Ende stolze 40 US$ (Bermuda$ = US$) pro Nacht ohne Strom- und Wasser. Dies ist einfach dort nicht vorhanden. Hinter uns und vor der Brücke zum Ordnance Island lagen dicht gedrängt ca. 8 Yachten der ARC Europe. smokes_marinaDarunter auch drei deutsche Boote. Die Abfahrt der ARC war für diesem Montag vorgesehen. Also hatten wir die Aussicht auf eine längere Verweildauer an dieser Pier. Hank´s Mitarbeiter, ein fähiger Mann von Sri Lanka, machte sich an die Arbeit und checkte unseren Motor. Die smokes_marina1Zuleitungen, den Vorfilter und den Dieselfilter und entlüftete den Motor anschließend. Keine Verbesserung. Dann vermutete er einen elektrischen Fehler. Als er den ausgeschlossen hatte, war er kurz der Meinung, dass Wasser aus dem Auspuff in den Motor zurück läuft. Auch das bestätigte sich nicht. Wie er dann schließlich auf das Getriebe des Sail-Drives gekommen ist, erschließt sich mir nicht ganz. Es war vielleicht die Verzweiflung nichts zu finden. Das Getriebe war völlig trocken gelaufen. Wo dinghy_clubund wann hätten wir das Öl in solchen Mengen verlieren können? Das kann man gar nicht verlieren. Alleine der Wasserdruck würde das verhindern. Bei einer Undichtigkeit gelangt höchstens Wasser ins Getriebe und vermischt sich mit dem Öl. Nach unserer Überzeugung kann es nur einen Grund dafür geben. Bei der Wartung auf den BVI´s in Soper´s Hole hat man beim Ölwechsel vergessen neues Öl aufzufüllen. Da wir in all den Jahren nie ein Problem damit hatten, haben wir den Ölstand des Sail-Drive wohl auch nicht mehr geprüft. Eine große Nachlässigkeit des Skippers. Wenn wir mit diesen Überlegungen richtig liegen, dann sind wir etliche Stunden ohne Öl gefahren. Die große Frage war nun: Hat das Getriebe das überlebt? Wir gingen zur Tankstelle und kauften API-Öl für´s Getriebe gemäß der Angabe im Handbuch.  Und zwar benötigten wir 3,35l. Als das Getriebeöl wieder aufgefüllt war starteten wir den Motor erneut. Er sprang sofort an und lief wie gewohnt. Und das Getriebe? An unserem Liegeplatz probierten wir den Vorwärts- und Rückwärtsgang. Alles lief wie gewohnt. Anscheinend noch einmal Glück gehabt! Im Getriebeöl fanden sich aber jetzt einige feine Metallspäne. Deshalb

entschlossen wir uns, das Getriebeöl noch einmal zu tauschen. Zufälligerweise trafen wir zwei Deutsche an unserem Boot. Sie waren auf dem Rückweg einer 6-jährigen Weltreise, auch auf einer Bavaria, nach Deutschland unterwegs. Wir sollten auf keinen Fall das API-Öl verwenden. Es hätte von Bavaria eine Rückrufaktion stattgefunden. Dieses Öl wäre zu aggressiv und würde irgendwann dazu führen, dass die Gänge nicht mehr eingelegt werden können. Ihnen sei dies mit dem Rückwärtsgang passiert. Statt API sollten wir

normales Motoröl verwenden. Unsere Mechaniker hatten davon noch nichts gehört. Im Internet kontrollierten wir die Angaben von Volvo Penta. Tatsächlich ist für unser Saildrive das normale Motorenöl empfohlen. Also kauften wir jetzt noch einmal reichlich Motorenöl für einen Ölwechsel im Saildrive-Getriebe und auch noch für den Motor. Der Ölfilter wurde sicherheitshalber noch getauscht. Außerdem beauftragten wir Hank mit einer Überprüfung unseres Diesels im Tank. Durch die starke Verschmutzung des Vorfilters hatten wir die Sorge, dass wir in der Karibik „schlechten“ Diesel getankt hatten.  Es stellte sich aber

heraus, dass der Tank weder verschlammt war, noch dass im Diesel zu viel Wasser ist. Die ganze Aktion zog sich über zwei Tage mit abschließender Kontrolle unseres Ruders. Die beiden, vom Wetter her, schönsten Tage hatten wir nun mit der Reparatur verbracht. Parallel zur Motorenreparatur und Wartung konnten wir das Gipsy an der Ankerwisch austauschen und die Gummilippe am Heck festkleben. Noch immer war nicht geklärt, wo wir das Boot für einen längeren Zeitraum lassen können. Auch schien es recht schwierig

einen Rücktransfer für Bahati zu organisieren. Dazu kamen einige Treffen mit Weltumsegler und Blauwasserfahrer, die alle ganz locker die Rückreise über den Atlantik antreten. Das führte dazu, dass wir unsere Meinung änderten und jetzt doch selber den Rückweg zu den Azoren fahren wollten. Volker rief Udo an und wollte ihm dies mitteilen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Udo bereits alle Flüge storniert hatte. Wieder eine neue Situation. Nur zu Dritt die Reise antreten, das wollte Volker auf keinen Fall. Also mussten wir jetzt alles für Plan B organisieren. Das kleinste Problem waren unsere Rückflüge von den Bermudas. Für Sonntag waren schnell drei Flüge über Boston, Amsterdam nach Düsseldorf gebucht. Wir schauten uns um St. Georges nach einer Marina um. Die kleine Captain Smokes´ Marina am westlichen Ortsausgang könnte unserer Meinung nach ggf. in Betracht kommen. Ganze 4 Yachten lagen dort und die Gesamtkapazität beträgt schätzungsweise 6 Yachten. Wir fragten dort einen netten, etwa 70 jährigen Mann, wie sich herausstellte der Bruder des Besitzers, nach einem vom Zoll akzeptierten und beaufsichtigten Liegeplatz. Das würden sie nicht anbieten. Nur Sandra oder der St. George´s Dinghy and Sports Club am östlichen Ende von St. Georges würde machen. Das Wetter war toll und so machten wir einen längeren Spaziergang. Den St. George´s Dinghy Club hatten wir bereits bei der Einfahrt passiert. Er ist uns aufgefallen, weil dort anscheinend eine Party stattfand. Wie sich herausstellte, dient dieser Club als st_cathrineBasisquartier der ARC. Die Räume dort werden für die verschiedenen Seminare genutzt. Als wir dort ankamen trafen wir niemanden an. Da wir nun schon einmal unterwegs waren, gingen wir weiter zur Einfahrt des St. Georges Harbour. Was wir von der Seeseite in der Dämmerung nicht gesehen hatten, war das kleine Fort mit Kanonen, Gates Fort Park und daneben Alexandra´s Battery Park. Alles toll hergerichtet mit einer grandiosen Aussicht auf den Atlantik. Zurück in der Stadt schlugen wir den Weg zur Nordseite ein. Hier soll sich noch ein weiteres Fort, das Fort St. Catherine mit Museum befinden. Auf dem relativ kurzen Weg dorthin faszinierte uns der kleine Stand Tobacco Bay. Das Bier, eine Dose, kostete 6 US$, 3 davon wahrscheinlich für die tolle Aussicht. Wir tranken trotzdem was und genossen dieses Idyll. Leider etwas zu spät für eine Besichtigung trafen wir am Fort Catherine ein. Nebenan ein Restaurant mit herrlichem Blick auf den Sonnenuntergang. Wir zogen es an diesem Tag allerdings vor wieder zurück zum Schiff zu gehen und im White Horse am Abend etwas zu essen.

Ankunft Bermuda

Die Quittung bekommen wir diesen Sonntagmorgen, dem 15. Mai 2016: Tages-Etmal 109

WellenbergNm. Negativrekord. Jetzt ist aber der Wind wieder da und wir machen bei 12-22 kn Wind ganz gute Fahrt. Außerdem können wir jetzt wieder auf Vor-Wind-Kurs gehen und mit ausgebaumter Genua fahren. Der angekündigte Starkwind bleibt allerdings aus. Ilona hatte uns, und das haben wir bereits vermutet, die maximalen Windgeschwindigkeiten in Böen mitgeteilt, nicht den durchschnittlich zu erwartenden Wind. Für den Abend oder spätestens den nächsten Tag ist dann Nordwind angesagt. Diese Voraussage hatte mich schon die ganze Zeit beschäftigt. Nicht nur, dass ich aus persönlichem Empfinden möglichst schnell auf Bermuda ankommen wollte, sondern auch noch diese Vorhersage mit „Gegenwind“reff_genua machte mich in Bezug auf unsere Geschwindigkeit immer wieder nervös. Also wollten und mussten wir unbedingt heute auf Bermuda ankommen. Dazu brauchten wir jetzt den frischen Wind. Der Motor funktionierte einfach nicht mehr. Wir tauschten noch den wirklich richtig verdreckten Benzinvorfilter und überprüften die Dieselzuleitungen. Es war einfach nichts zu machen. Nach einigen Startversuchen ging  der Motor jetzt überhaupt nicht mehr an. Wir haben ja gottseidank ein Segelboot und sind nur bedingt auf den Motor angewiesen. In unseren frischer_windUnterlagen stand geschrieben, dass man bei Motorproblemen über Bermuda Radio eine Schlepphilfe anfordern und bekommen kann. Um 1600 waren es dann noch 30 Nm bis Bermuda. Wir machten mehr als 6 kn und hofften spätestens gegen 2100 Uhr Bermuda zu erreichen. Wenn wir Glück haben, dann noch in der Dämmerung. Von einer Einfahrt in der Nacht wird ja fast immer abgeraten. Hier hieß es aber, dass die Tonnen alle beleuchtet sind und die Ansteuerung in der Nacht kein Problem ist. Für uns kommt dazu, dass wir durch den Kartenplotter auch in der Nacht unsere Position bestens kennen. Es war jetzt Zeit sich über Funk bei Bermuda Radio zu melden. Wir hatten bereits einige Funksprüche auffangen können. Auf Kanal 16 rief ich motorprobleme„Bermuda Radio, Bermuda Radio this is Bahati, Bahati“. Diesen Anruf tätigte ich bis zu unserer Ankunft unzählige Male. Aber zunächst meldete sich Bermuda Radio und bat uns auf Kanal 27 umzustellen. Dort wurde ich nach den üblichen Daten für eine Einreise, wie Passnummern, Schiffsregistrierung, und ähnlicher Dinge gefragt und darüber hinaus zu unserem Inventar und nach Einzelheiten, wie z.B. der Seriennummer der EPIRB, der Anzahl und Art der Notsignale und der Größe und Bezeichnung der Rettungsinsel. Einige Dinge musste ich erst in unseren Unterlagen nachschlagen und Bermuda Radio wieder zurück rufen. Als diese Dinge dann endlich geklärt waren, fragte  ich nach einer Schlepphilfe. Das war nun nicht so wie in den Unterlagen beschrieben eine übliche und einfache Frage. Die Antwort war zunächst, dass dies bezahlt werden muss. Oder ob wir es uns zutrauen, unter Segel in der St. George Harbour, eine Art Lagune, zu fahren. Zutrauen ja, aber unter Sicherheitsaspekten wäre eine Schlepphilfe zu bevorzugen. Nach einiger Zeit kam die Antwort. Schlepphilfe kostet 400,- US$. Wir tag7_bermudakönnten aber auch vor Bermuda beidrehen und bis zum nächsten Tag warten. Dann käme eine Fähre und das Pilot-Schiff könnte uns schleppen. Eine weitere Nacht beigedreht auf dem offenen Meer. Ich kann mir schöneres vorstellen. Wir entschieden uns gemeinsam für die Schlepphilfe. Als ich dies per Funk übermittelte, fragte mich der Beamte, ob ich ihn richtig verstanden hätte. Das Schleppen kostet 400,- US$ pro Stunde und man benötigt mindestens 2 Stunden. Er hätte allerdings noch eine Idee. Ein weiteres Segelschiff mit 54 Fuss kommt gegen 1200 Uhr an und die würden uns auch schleppen. So entschieden wir auf die teure Schlepphilfe zu verzichten und wollten zunächst unser Glück unter Segel probieren. Um 2000 Uhr waren wir dann bereits vor der Ansteuerung Bermuda und fuhren unter Segel im betonnten Fahrwasser zwischen dem Riff auf die Einfahrt zu. Hier kam der Wind nun aus West, vorher immer Südwest, und es war unmöglich in die schmale Einfahrt hinein zu kommen. Mit einem halben Knoten Fahrt waren wir kaum noch manövrierfähig. Wir schafften es zu drehen und zurück Richtung offene See zu fahren. Bermuda Radio meldete sich noch einmal und teilte uns mit, dass soeben ein weiteres Segelschiff in die bermuda_in_sichtEinfahrt hinein fährt. Er hätte nur kein Funkkontakt zu diesem Schiff. Jetzt war es bereits dunkel und wir holten unseren Scheinwerfer für Lichtsignale an Deck. Tatsächlich schafften wir es, die Aufmerksamkeit des Skippers auf uns zu lenken und ihm unser Anliegen mitzuteilen. Er war bereit uns Schlepphilfe zu geben und wir machten unsere viel zu lange 40m Leine zum Schleppen bereit. Nach vier Versuchen hatten wir endlich eine Verbindung zum schleppenden Schiff hergestellt. Ein netter Franzose der alleine 14 Tage von Kuba aus unterwegs zu den Bermudas war. Völlig übermüdet und, wie wir später erst feststellten, mit gebrochenem Baum. Radio Bermuda erkundigte sich bei uns nach dem Stand. Ich teilte ihnen mit, dass wir jetzt von diesem Segelschiff geschleppt würden. Wir sollten uns gleich zum Ordnance Island und dem dortigen Custom Office schleppen lassen. Aber vor allem, sollten wir unserem schleppenden Skipper mitteilen, dass er sich zu melden hätte. Der wiederum hatte dazu keine Motivation. Er musste alleine steuern und kannte die Gegebenheiten hier auch nicht. Mit mehreren Funkgesprächen forderte mich der Beamte schließlich auf, diesem Skipper unmissverständlich zu sagen, dass er diese Funkanmeldung anordnet (Advise him…). Ich weiß nicht, ob er letztendlich dieser Anweisung gefolgt ist. Er hat uns netterweise zum Anlegesteg vor Customs und Immigration gebracht und hat dann auch selbst noch (und ohne Probleme) einklariert. Um 2230 Uhr waren wir einklarieren. Auf Grund der vorab per Funk übermittelten Daten wurden die Formulare fast komplett von den dortigen Beamten ausgefüllt. Das und auch die Freundlichkeit dort waren sehr angenehm. Der Franzose hat unser Schiff anschließend zur gegenüberliegenden Seite gebracht. Dort durften wir liegen bleiben. Am liebsten hätten die Zollbeamten uns in ein Ankerfeld verbannt. Dort wäre es ungleich schwieriger geworden einen Monteur für den Motor zu bekommen. Die Anlegestelle vor dem Zoll musste frei bleiben, da die ganze Nacht hindurch Segelschiffe eintrafen und per Funk sofort dort zum Einklarieren geleitet wurden. Nach 6 Tagen und 11 Stunden hatten wir die 860 Nm mit 48,6 Motorstunden hinter uns gebracht. Wir waren zunächst einmal froh in einem sicheren Hafen zu liegen. Ohne einen funktionsfähigen Motor kommt man sich aber dennoch recht hilflos vor. Auch die Einfahrt in den St. Georges Harbour wäre unter Segel, selbst bei idealem Wind, nicht einfach geworden. Die Orientierung in der Nacht ist nicht so einfach. Und ohne Motor sollte man sich nicht zu häufig verfahren. Einfacher ist es, wenn die Gegebenheiten bekannt sind. Aber wir hatten unser Problem ideal gelöst und konnten jetzt endlich schlafen.

Vorletzter Tag vor Bermudas

delphine2Es ist Samstag, der 14. Mai 2016. Die Nacht verging wie die vergangene. Der Motor lief und der elektrische Autopilot steuerte. In meiner Wache am Morgen gegen 0700 erschien ein ganzes Rudel Delphine. Christopher und Volker kamen an Deck und wir beobachteten die Tiere eine ganze Weile. Aber auch das wird irgendwann langweilig. Um 0800 Uhr delphine1(1200 UTC) hatten wir ein Tages-Etmal von 146 Nm geschafft. Das war ganz ordentlich. Der Wind frischte wieder bis auf rund 10 kn auf und um 0900 fuhren wir mit ausgebaumter Genua und offenem Groß mit Bullenstander vorm Wind. Als der Motor aus war, merkten wir erst, wie schön es ist, bei einer so wohltuenden Ruhe zu segeln. Jetzt wollten wir aber auch nicht mehr selbst steuern und so justierten wir unseren Windpiloten. Ab 1000 Uhr übernahm er die Steuerung. Gegen Mittag prüfte ich die Bilge. Sie war etwas feucht. Wahrscheinlich noch schmetterlingReste von den ersten 3 Tagen. Ich wischte alles trocken und dabei blieb es dann auch. Der Wetterbericht kam per SMS auf unser Satellitentelefon. Ilona checkte zuhause die Grib-Daten und schickte uns per SMS eine Zusammenfassung. Die Vorhersage kündigte starken Wind aus SW an. Aus diesem Grund änderten wir unseren Kurs von 0° auf 330°, also mehr östlich, um so bei stärkerem Wind das letzte Stück mit einem angenehmeren Vorwindkurs zu fahren. Leider mussten wir deshalb unseren aktuellen Vorwindkurs verlassen und die Segel auf Raumwind einstellen. Das klappt nur bedingt. Das Groß deckt dabei häufig die Genua abschmetterling_vorne, sodass diese keinen Wind bekommt und einfällt. Das ist fürchterlich nervig und dazu auch langsam, insbesondere wenn gerade so eben genug Wind zum Segeln ist. Um 1530 Uhr zuckte die Angelschnur und riss. Der erste Gedanke war, dass die Schnur für den wahrscheinlich riesigen Fisch viel zu dünn war. Endlich etwas gefangen und dann reißt die Leine. Aber so war es nicht. Kein Fisch hatte die Leine zum Reißen gebracht sondern der Windgenerator. Die Wellen sind im Laufe des Tages immer höher geworden und bei diesem Auf- und Ab und Belastung, Entlastung ist die Leine so weit nach oben  gekommen, dass sie sich im Propeller des Windgenerators verfangen hatte. Wir konnten sie nur wieder aus dem Propeller entfernen, indem wir die Flügel während der Fahrt abschraubten. Glücklicherweise ist dabei nichts über Bord gegangen. Die Leine war zwar hin, aber der Windgenerator hatte keinen Schaden genommen. Um 1800 Uhr packen wir das Groß ein und fuhren nur mit der Genua weiter. Es schaukelt schon wieder erheblich. Aber jetzt motorcheckhaben wir Seebeine. Um 2000 Uhr scheint der Wind noch weiter nachzulassen. Wir entscheiden uns, mit dem Motor die Nacht zu durchfahren. Wir starten den Motor und der geht nach 10 Minuten selbständig aus. Ein neuer Startversuch glückt, aber nach kurzer Zeit geht der Motor wieder aus. Das probieren wir noch ein, zwei Mal, aber immer mit dem gleichen Ergebnis. Sollten wir den Tank leer gefahren haben? Eigentlich kann das nicht sein. Wir sind ca. 48 Stunden mit dem Motor gefahren und haben 210 Liter Diesel im Tank. Das wäre ein Verbrauch von 4,4 Liter pro Stunde. Sonst haben wir immer nur zwischen 2 bis 3 Liter benötigt. Aber wer weiß? Theoretisch ist es ja möglich. Also füllen wir unseren 20 l Reservekanister Diesel nach und entlüften die Maschine. Die Maschine startet und geht wieder aus. Wir entlüften nochmals. Keine Änderung. Es ist jetzt 2130 Uhr und wir entscheiden, wir haben ja auch kaum eine andere Wahl, die Nacht zu segeln.

Erste Begegnung

Erste Begegnung

Freitag der 13-te

in_die_nachtHeute ist Freitag der 13te. Aber wir sind nicht abergläubisch und so verläuft der Tag auch ohne negative Ereignisse. Um 0800 ermitteln wir wieder unser Tages-Etmal mit diesmal regenwolke133 Nm fast komplett unter Motor. Der Wind weht weiterhin nur mit durchschnittlich 3 kn. Das ist nicht mehr als ein laues Lüftchen. Am Nachmittag passieren und durchfahren wir einige Regenwolken. Im Bereich dieser Wolken frischt der Wind auf und flaut danach sofort wieder ab. Um 1630 Uhr fahren wir auf eine riesige Regenwolke zu. Ein Ausweichen ist unmöglich. Das dusche_vordeckGanze sieht ziemlich bedrohlich aus. Wir machen alles Sturmklar und holen auch das zur Stabilisierung gesetzte Groß ein. Dann erreichen wir den Regen. Er prasselt hinab und statt des befürchteten Sturms gibt es überhaupt keinen Wind mehr. Der Atlantik ist flach und glatt wie einbermuda_gastlandflagge Ententeich. Wir nutzen den Regen als Naturdusche vorne auf dem Bug. Das macht richtig Spaß und wird in unseren Köpfen eine bleibende Erinnerung sein. Die Angel schleppen wir seit den Morgenstunden wieder hinter uns her. Aber auch heute beißt keiner an. Volker setzt die Gastlandflagge der Bermudas und die Gelbe-Einklarierungsflagge dazu. Wir nutzen die ruhige See dafür. Ich beschäftige mich jetzt erstmals mit unserem Zielort und suche mir die passenden Bücher heraus. So erfahre ich, dass wir uns bereits etwa 30 Nm vor Bermuda per Funk zu melden haben. Es werden dann Inventar- und Crew-Daten abgefragt. Das bereite ich schon einmal vor. Volker lasse ich noch eine Lebensmittel-Inventarliste schreiben. Nach der Regenwolke

haben wir das Groß wieder gesetzt. Motor und der elektrische Autopilot verrichten gute Arbeit. Wir haben nichts zu tun. Zum Abendessen gibt es kinoabendaufgebratene Spaghetti und Spiegeleier. Anschließend machen wir einen Kinoabend an Bord direkt über das iPad mit Bluethooth Lautsprecher. Wir schauen u.a. „Des Königs Admiral“ von 1951 mit Gregory Peck als Captain Horatio Hornblowner und den Film „Im Herzen der See – Die letzte Fahrt des Walfängers Essex“ aus dem Jahre 2015 (Trailer). Danach wird mir wieder ins Bewusstsein gerufen, wie lächerlich diese kleine 7 Tagestour zu den Bermudas ist. Was haben die Seeleute in der Vergangenheit durchgestanden und was sind wir heute noch bereit durchzustehen? Jämmerlich!

sonnenuntergang

Entspannung zur Halbzeit

Donnerstag, der 12.5.2016. Volker übergibt mir um 0600 Uhr das Steuer. Der Wind kommt mit 6-10 kn aus Ost. Wir machen vielleicht noch 3 kn Fahrt. Aber zunächst wollen wir noch weiter segeln. Um 0800 prüfen wir unser Tages-Etmal: 128 Nm. Das ist natürlich gross_als_stuetzedeutlich weniger als die Tage zuvor, aber immerhin noch völlig im Soll bei durchschnittlich etwa 5 kn Geschwindigkeit. Der Wind pendelt sich jetzt bei 6 kn ein und wir entschließen uns, den Blister noch einmal zu testen. Als der Blister steht, stellt sich heraus, dass der Wind zu schwach für unseren Kurs ist. Der Blister fällt immer wieder ein. Wir bergen das Segel und starten um 1000 Uhr den Motor. Mit gesetztem Groß und Motor setzen wir unsere Fahrt fort. Ohne das Groß fehlt dem Schiff Stabilität und würde ungleich mehr in den Wellen schaukeln. Durch den einschlafenden Wind werden auch die Wellen wesentlich kleiner. Wir trauenangelschnurr uns unseren reparierten elektrischen Autopiloten zu nutzen. So wird die Weiterfahrt fast richtig gemütlich. Der Appetit kommt wieder und auch das Interesse an anderen Dingen. Die Hälfte der Strecke haben wir um 1330 Uhr Ortszeit hinter uns gebracht. Auch dies ist ein psychologisch wichtiger Punkt. Zuvor war die Strecke zurück immer kürzer als die zum Ziel. Jetzt wäre auch theoretisch ein Umkehren sinnlos. Um 1430 Uhr bereiten wir unsere Angel vor und schleppen anschließend den Köder hinter uns her. Sogar ein Buch zu lesen ist jetzt wieder über und unter Deck möglich und macht sogar Spaß. Um 1530 Uhr haben wir die geniale Idee mal wieder eine Dusche zu nehmen. Wasser haben wir so gut wie nichts verbraucht. Also kann jeder von uns ausgiebig die Heckdusche nutzen. Wir fühlen uns danach wieder wie Menschen. Es ist fast so, als wenn das Leben zurückkehrt. Die Angel holen wir in der abendessenAbenddämmerung sicherheitshalber ein. Kein Fisch hat uns den Gefallen getan in unseren Köder zu beißen. Also gibt es auch zum Abendessen keinen fangfrischen Fisch. Stattdessen essen wir heute mit außergewöhnlich gutem Appetit Spaghetti und Tomatensalat mit Thunfisch aus der Dose. Einziger kleiner Wehrmutstropfen an diesem Tag: das LED Positionslicht funktioniert nicht mehr, das Ankerlicht ist hingegen in Ordnung. Aber für diese Nacht ist das egal. Wir fahren unter Motor und haben genug Energie für die stromfressenden Glühbirnen der Standardnavigationslichter. Nach meiner Wache um 2000 Uhr lege ich mich in die Koje, lese noch ein wenig und schlafe dann erstaunlicher Weise richtig gut neben dem laufenden Dieselmotor ein. Während meiner Nachtwache von 0-2 Uhr probiere ich jetzt zum ersten Mal Musik über das iPhone zu hören. An Deck liegend, die Musik im Ohr und eine Stunde fast Vollmond und danach der klare Sternenhimmel. Das ist einfach fantastisch. Mit der Musik vergehen die beiden Wachstunden fast schon rasend schnell.

abenddaemmerung

Die Sinnkrise

Für die nächsten 2 Tage gibt es keine Fotos. Wer den Text liest, kann erahnen, warum.

Dienstag, 10.5.2016tag1_bermuda

In der Nacht gab es keine besonderen Vorkommnisse. Seit gestern immer das Gleiche. Die Segelstellung ist unverändert, der Wind bläst mit 4-5 aus E, die Wellen schlagen an die Bordwand und manche schaffen es auch bis ins Cockpit. Frühstück? Wie? Muss aber auch nicht sein, da die Appetitlosigkeit immer noch vorhanden war. Hin und wieder mal etwas trinken. Cola ist bei uns in diesen Situationen sehr beliebt, und eine Banane hineinzwängen. Beim Anziehen unter Deck erreicht der Magensaft den Kehlkopf. Aber es geht noch. Volker löse ich von seiner Wache ab und er ist froh, dass er jetzt endlich seinem aufkommenden Würgereiz freien Lauf lassen kann. Es hört sich nicht schön an, aber er fühlt sich danach anscheinend viel wohler. Das Kinderlied „Eine Seefahrt, die ist lustig..“ geht mir durch den Kopf. So langsam kommt auch die Frage nach dem „Warum“ auf. Die zwei Stunden Wache gehen noch verhältnismäßig schnell um. Aber danach? Es gibt nichts zu tun und selbst wenn man wollte, es macht kein Spaß und geht auch wirklich nicht so richtig. Und wir sind noch nicht einmal einen ganzen Tag unterwegs. Scheinbar endlos lang! Um 1130 tag2_bermudaUhr lesen wir auf unserem Hand-GPS unser Tages-Etmal ab: 156 Nm. Das ist ein Schnitt von sagenhaften 6,5 kn. Nach der ersten Freude kommt die Ernüchterung. 156 Nm von 860 Nm. Da bleibt ein Rest von 704 Nm. Und überhaupt. 6,5 kn sind gerade einmal 12 km/h und das bei einer Gesamtstrecke von 1.550 km. Wie kann man sich darüber freuen? Wenn nur endlich das Unwohlsein aufhören würde. Die Appetitlosigkeit kommt meiner Figur ja sehr entgegen. Trotzdem. Auch unser Angelzeug liegt unberührt in der Kiste. Keine Lust und natürlich auch der Respekt davor. Wie soll man bei einem solchen Seegang und der Fahrt einen Fisch an Bord holen? Übel ist uns jetzt auch schon ohne Fisch. Ich glaube, der Fisch würde den Kampf gewinnen. Die Zeit rinnt dahin. Langeweile, Unwohlsein, Kopfkino. Mal die harte Pritsche im Cockpit, dann wieder in die Koje unter Deck. Abends kommen ein paar Delphine zu Besuch. Der Tag geht, die Nacht kommt. Gleiche Segelstellung, gleicher Wind, Schräglage, Wellen, Wasser bis ins Cockpit.

Mittwoch 11.5.2016

Es ist bedeckt. Der Wind scheint etwas nachzulassen. Wir geben mehr Tuch und nehmen das 2. Reff raus, gegen 1130 Uhr nehmen wir auch das 1. Reff weg. Das Tages-Etmal liegt diesmal bei 147 Nm (6,1 kn). Immer noch gut. Warum mache ich das? Es geht mirtag3_bermuda immer noch nicht viel besser. Noch mindestens 4, wahrscheinlich sogar 5 Tage. Und danach die Etappe zu den Azoren: 16 Tage bei unvorhersehbaren Wetterverhältnissen. Das will ich nicht mehr. Ich kämpfe mit einer „Sinnkrise“, bin nahe an einer Depression. Es gibt hier keinen Ausweg. Da muss ich durch. Aber nochmal bis zu den Azoren? Nein! Ich treffe jetzt eine Entscheidung. Auf den Bermudas ist für mich Schluss. Ich spreche mit Volker und Christopher. Sie zeigen Verständnis. Volker war immer schon nicht die treibende Kraft für diese Tour. Das war ich. Er will dann auch nicht weiter fahren. Christopher wollte hauptsächlich die Atlantiküberquerung mitmachen. Für ihn war diese erste Etappe nur eine kleine Extra-Tour. Er war entsprechend enttäuscht. Die Nachricht schicken wir per SMS über das Satelliten-Telefon in die Heimat. So kann Udo vielleicht noch seine Flüge stornieren. Er wollte unsere Crew auf den Bermudas ergänzen und mit uns zu den Azoren fahren. Was eigentlich nur zur Information gedacht war, schlägt zuhause große Wellen. Was ist passiert? Streit? Die SMS gibt dazu nicht viel her. Liegt in der Natur dieser Nachrichten: Short Message. Das war natürlich nicht meine Absicht. Mich interessierte Udo´s Meinung. Aber zunächst schwiegen die Satelliten. Wir segelten tag4_bermudaweiter. Die Wellen und der Wind wurden schwächer. Fast wie angekündigt, nur jetzt etwas zu früh. Ich weiß nicht wie viele Male ich unseren Dieseltankinhalt und die daraus hoffentlich und wahrscheinlich resultierende Strecke im Kopf errechnete. Nicht zu früh den Motor anstellen. Segeln, solange es irgendwie geht. Das Problem dabei ist, dass die Fahrt immer langsamer wird und das Ziel in scheinbar immer weitere Ferne rückt. Wo ist meine Gelassenheit? Was halte ich hier nicht aus? Wir haben keine Probleme. Alles läuft einfach wie am Schnürchen. Gegen 1600 Uhr haben wir noch etwa 9-10 kn Wind, gerade einmal 3 Bft. Die Nacht fahren wir noch unter Segel durch, mal dümpelnd, dann wieder mit guter Fahrt.

Start der Rückfahrt

Montag, 9.5.2016. Heute soll es losgehen. Aber zunächst mussten noch Kleinigkeiten erledigt werden. Nach dem Frühstück gingen wir in den Tauch- und Angelshop und kauften dort diesen großen Haken am Stiel (Gaff). Damit können wir auch mittelgroße Thunfische an Bord ziehen. Somit waren wir jetzt auch für den Fischfang vollständig ausgerüstet.

Bermuda-Crew

Bermuda-Crew

Ich meldete mich im Marina-Büro ab, zahlte die restlichen Hafengebühren und klarierte aus. Wie Udo bereits angekündigt hatte, kam es dabei zu dem vorhergesehenen Problem. Einklariert hatte Udo mit der „alten“ Software. Ausklarieren sollte ich nun mit der „neuen“halbwind_rtg_bermuda Software. Dort war aber unser Schiff nicht registriert und entsprechend auch nicht einklariert. Somit konnte ich damit auch logischerweise nicht ausklarieren. Da mir der Umstand der Softwareumstellung bekannt war, konnte ich gleich nach der alten Software fragen und damit anschließend problemlos ausklarieren. Zurück an Bord rief ich die aktuelle Törnberatung per Mail ab. Zusammengefasst wird es drei Tage guten Wind, den E-Passat, geben, danach etwa zwei Tage wenig bis keinen Wind und am dritten Tag wieder auffrischenden Wind. Und die Windrichtungen schienen etwa mit Halbwind auch zu passen. Die Wassertanks hatten wir neu gefüllt und der Dieseltank war von Udo beim letzten Besuch bereits aufgefüllt worden. Die Batterien waren vollständig geladen und der Wetterbericht sagte 4-5, in Böen 6, Bft. aus E bis SE voraus. Um 11:50 Uhr legten wir ab. Fünf Minuten später nachtwachesetzten wir die Segel, das Groß gleich mit 2. Reff. So segelten wir zunächst auf die Südspitze von Anguilla zu. Als diese hinter uns lag, führte der Kurs uns zwischen den Inseln Prickley Pears und Dog Island hindurch. Hier hatten wir tolle Tage verbracht. Jetzt wurde mir erst so richtig bewusst, dass wir dieses Segelparadies für eine längere Zeit verlassen werden. Damit packte mich zum ersten Mal die Wehmut. Wir kamen großartig voran und waren froh, dass wir mit dem 2. Reff gestartet sind. Aber der Seegang war dabei unangenehm. Nicht unerwartet ging es uns die ersten Stunden, es waren dann die üblichen drei Tage, nicht besonders gut. Das vorgekochte Essen sah toll aus, aber der Appetit war einfach nicht da. Nicht einmal für eine andere Kleinigkeit.nachtfahrt Letztendlich sollte man wissen, worauf man sich einlässt. Man freut sich auf den Start und dann macht der Seegang einem einen Strich durch die Rechnung. Wir teilten die Wachen ein und einigten uns auf einen 2 Stunden-Rhythmus. Meine Wache war von 12 bis 2, Christopher löste mich ab und Volker übernahm die Wache von 4 bis 6. Danach starteten wir in der gleichen Reihenfolge. Somit hatte jeder immer zu seinen festen Zeiten Dienst. Das war ein Versuch, den wir alle als sehr angenehm empfunden haben. Die Wache hatte eine gute Länge und man kam durch die festen Zeiten in seinen Rhythmus. Und obwohl sich die Zeit dem entschleunigten Segeltempo angepasst hatte, wurde es irgendwann Nacht.

Die Vorbereitung

marina_royaleSonntag, 8.5.2016. Nach dem Frühstück erstellten wir eine Einkaufsliste und machten uns danach zu Fuß zum Supermarkt auf. Wir schoben zunächst jeder einen Einkaufswagen, also 3 große Wagen, durch den Markt und teilten den Einkaufszettel in drei Teile.

Mein Part war der Einkauf von Getränken und damit hatte ich den Wagen schnell gefüllt. Die restlichen Lebensmittel nahmen nicht so viel Platz in Anspruch, so dass wir einen VorkochenWagen wieder zurück bringen konnten. Wir durften eine Extra-Kasse nutzen und konnten sogar jeden Wagen einzeln abrechnen lassen. Wir waren also richtig schnell mit unserem Einkauf fertig und bestellten an der Info ein Taxi. Draußen auf dem Parkplatz warteten wir in der Hitze. Das Taxi kam und kam nicht. Beim nochmaligen Nachfragen

Blick vom Fort auf den Supermarkt

Blick vom Fort auf den Supermarkt

wurde in meinem Beisein mit der Taxizentrale geredet. Noch 20 Minuten. Wir waren sehr geduldig. Aber nach 30 Minuten ging ich dann hinüber zur Straße. Nach einer Minute konnte ich ein Taxi stoppen. Hätten wir das mal sofort gemacht. Aber wir hatten keinen Zeitdruck. Die Abfahrt war erst für den nächsten Tag geplant. Jetzt verstauten wir zunächst unseren Einkauf. Anschließend ging es noch einmal hinauf zum Fort Louis. Für ein Bier und einen kleinen Snack gingen wir wieder in die Marina La Royale. Diesmal verschlug es uns ins La Main a la Pate. Wir gekuehltes_bierbekamen Bier im Weinkühler, was uns natürlich begeisterte und dazu animierte, doch etwas länger zu bleiben als geplant. Dann erschien unser „Hamburger“. Ich verweise auf den Bericht „Fort Louis Marigot, St. Martin“ vom 18.3.2015. An diesem Tag nämlich, war er noch „Geschäftsführer“ vom Spinnacker. Auch diesmal erzählte er uns seine ganze Lebensgeschichte. Aber auf seine Weise ein netter Kerl. Nach 3-4 Bier verabschiedeten wir uns und gingen auf dem Rückweg zur Bahati an dem „Tauch- und Angelladen“ vorbei. Aber am Sonntag war dort natürlich alles dicht. An Bord kümmerte sich Volker um unser Essen für die nächsten Tage. Er bereitete schon einmal Hühnchen mit Reis vor. Ich erhielt noch per Mail das Ergebnis des Wetter-der_hamburgerMonitorings von der WetterWelt GmbH. Einem Start am 9.5. steht nichts im Wege. Die ausführliche Törnberatung folgt morgen Vormittag. Das hört sich doch erst einmal sehr gut an. Den letzten Abend an Land wollen wir noch einmal in einem Restaurant genießen. Wir entscheiden uns das Restaurant von heute Nachmittag aufzusuchen. Wir sind sehr zufrieden. Das Essen und der Service sind wirklich gut. Man merkt aber auch, dass die Nachsaison bereits begonnen hat.

lamainalapate

Anreise St. Martin

Am 6. Mai. 2016 holte ich gegen Mittag den Ford C-Max bei Sixt am Rombergpark ab. Morgen geht es um 8 Uhr von Amsterdam nach Paris. Volker war bereits mit Iris zu einer Stadtbesichtigung am Donnerstag nach Amsterdam gefahren. Ich holte Christopher am 7.5. mit dem Leihwagen um 3 Uhr morgens ab. Bereits um kurz nach 6 konnten wir dasschipol_koffer Auto am Flughafen Schipol abstellen und den Schlüssel in die vorgesehene Box werfen. Eingecheckt waren wir bereits. So mussten wir nur noch unser Gepäck aufgeben. Das funktionierte hier für uns erstmals vollautomatisch. Auch die Sicherheitskontrollen passierten wir sehr zügig und wir konnten die gewonnene Zeit für das Anstehen vor dem Starbucks investieren. Volker traf uns dort etwa eine halbe Stunde später. Der Flug nach Paris war nur sehr kurz. Dort hatten wir vor dem langen Flug in die Karibik noch einmal die Gelegenheit uns richtig zu strecken. Der Flug startete pünktlich gegen 11 Uhr. Nach 8 Stunden flogen wir über den Strand Maho und setzten auf der dahinter liegenden Landebahn vom Princess Juliana Airport im niederländischen Teil der Insel, St. Maarten, gegen 14 Uhr Ortszeit auf. Nachdem wir unser Gepäck liegeplatz_fortlouisentgegengenommen hatten, stiegen wir gleich in ein Taxi und fuhren zur Marina Fort Louis in Marigot, auf der französischen Seite der Insel, St. Martin. Hier hatte Udo diesmal unser Boot  nach seiner Familienrundfahrt im März abgestellt. Im Gegensatz zur Simpson Bay Marina kostete hier der Liegeplatz nur etwa die Hälfte. Unsere alte Zugangskarte funktionierte nicht. Glücklicherweise kam gleich nach uns jemand mit einer funktionierenden Karte. Wir gingen zur Bahati, verstauten unsere Sachen und machten klar Schiff. Im Marinabüro meldete ich uns an und tauschte die Zugangskarte gegen einesupermarkt_1besuch neue, funktionierende. Außerdem hatte der Dockmaster den Landstrom abgestellt. Den benötigten wir nun auch wieder, da wir den Kühlschrank vorkühlen mussten. Am Ende klappte dies auch, wie so häufig, nach dreimaligem Nachfragen. Neben unserem Liegeplatz lag ein Trimaran. Dieser hatte während unserer Abwesenheit durch den Schwell die Fender verschoben und so an unserem Rumpf auf der Backbordseite einen Kratzer hinterlassen. Der Eigner war natürlich nicht vor Ort. Von der Marina erhielten wir eine Telefonnummer, aber letztendlich verzichteten wir auf eine Auseinandersetzung wegen dieses Bagatellschadens. Für heute mussten wir noch unseren Basisvorrat für heute und den nächsten Tag auffüllen. Wir gingen also in den Supermarkt auf der Rückseite des Forts und kauften ein. Ein wirklich vollumfängliches Sortiment zu sehr günstigen Preisen. Und am Sonntag ebenfalls geöffnet. So können wir bis morgen unsere Vorratsliste zusammenstellen.

tropicana_1

Für den heutigen ersten Tag hatten wir genug geleistet. Zum Abendessen gingen wir in das sehr zu empfehlende Restaurant Tropicana an der Marina La Royale in der Lagune. tropicana_2Auf dem Rückweg zur Bahati entdeckten wir noch einen kleinen Shop u.a. mit Angelzubehör. Ich wollte noch einen Käscher oder ein Gaff kaufen, um damit die frisch gefangenen Fische an Bord holen zu können. Der Laden hatte natürlich bereits geschlossen. Aber am Montagmorgen konnten wir es hier erneut versuchen.